Body Positivity

Body Positivity: „Alle Körper sind schön!“

Was schafft der Hashtag #bodypositivity außerhalb unserer Smartphones?

Aktivist*innen auf der ganzen Welt setzten sich für mehr Körperakzeptanz ein und kämpfen – vor allem in den sozialen Medien – gegen traditionelle Schönheitsideale. Die Bewegung hat eine lange Geschichte hinter sich. Wie sich Body Positivity entwickelt hat, ob die Bewegung auch außerhalb der sozialen Medien eine Rolle spielt und wieso jede*r betroffen ist, das erfahrt ihr von Mascha und Juliane.

Das erwartet euch:

Body Positivity – früher und heute

Body Positivity bedeutet übersetzt „Körperpositivität“. Unter Body Positivity versteht man eine Bewegung, die vor allem in den sozialen Medien aktiv ist. Sie steht für Körperakzeptanz und das Einsetzen gegen unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale. Unter dem Hashtag #bodypositivity zeigen die Aktivist*innen – das sind Influencer*innen, Stars und private Nutzer*innen – oftmals ihre eigenen Körpermakel und dass vieles in den sozialen Medien nicht der Realität entspricht.

Lust auf eine Zeitreise? Die Geschichte zu Body Positivity könnt ihr euch hier ansehen:

Was als Proteste gegen Korsetts und gegen die Diskriminierung von Übergewichtigen anfing, ist heute viel mehr als das. Neben dem Körpergewicht stehen auch alle weiteren angeblichen Makel auf der Liste, die es laut der Body-Positivity-Bewegung zu akzeptieren und zu normalisieren gilt. Mittlerweile gewinnt auch die Neutralität mehr Bedeutung innerhalb der Bewegung. Demnach sollen Körper neutral, statt positiv betrachtet werden.

Body Positivity Gewicht
Während der Anfänge von Body Positivity ging es allein um das Körpergewicht.



Body Positivity – den Körper akzeptieren

„Dein Körper ist genug“ ist ein Instagram Kanal für mehr Realität in den Sozialen Netzwerken und behandelt Themen, in denen sich jeder wiederfinden kann. Wir wollten es genau wissen und haben die beiden Gründerinnen gefragt: Wie lernen wir eigentlich unseren Körper zu lieben und zu akzeptieren?

Auf Caro Gugus Wunsch und um es für euch zu vereinfachen, werden wir sie in unserem Beitrag „Gugu“ nennen.

Dass es sich bei dem Hashtag #bodypositivity um eine Bewegung handelt, war Caroline Hopp anfangs gar nicht wirklich bewusst. Sie selbst litt an einer Essstörung und kam im Frühjahr 2019 auf die Idee, ein Fotoprojekt mit 20 Frauen ins Leben zu rufen, die sich und ihren Körper so zeigen, wie sie sind. Gugu stieg nach Carolines Aufruf als Fotomodel mit in das Projekt ein. Auf ihrer Vernissage mit rund 300 Leuten bekamen sie so viel Zustimmung und positives Feedback, dass ihnen bewusst wurde, wie präsent dieses Thema ist und dass sich etwas verändern muss. Dieses emotionale Erlebnis war der Startschuss für ihren Kanal. 

Auf Caros und Gugus Kanal deinkoerperistgenug könnt ihr euch Beiträge zu diesem Thema ansehen.

"Es hilft einfach, die Geschichten zu teilen." - Caro Gugu

Eine vergangene Beziehung brachte Gugu dazu, über ihr Selbstbild nachzudenken und Teil des Projekts zu werden:

Gugu erzählt uns, dass sie lange unzufrieden mit sich und ihrem Körper war: „Wie bescheuert ist es, dass du dich anderen anpasst oder einer vermeintlichen Schönheitsnorm entsprechen möchtest. Vielleicht gibt es ja auch Menschen, die dich schön finden, wie du bist“, so Gugu zu sich selbst. Das Projekt hat ihr gezeigt, dass es hilft, die Geschichten zu teilen und dass jeder irgendein Thema mit seinem Körper hat.

Nur um Körpergewicht geht es bei der Body-Positivity-Bewegung schon lange nicht mehr. Von Hautunreinheiten, Cellulite, bis hin zu Behinderungen werden unter dem Hashtag alle angeblichen Schönheitsmakel abgedeckt. Vor allem geht es dabei um die Vielfalt der Körper und darum, zu verstehen, dass jeder Zweifel oder Scham empfinden kann. „Was hat denn die Person?“ – Das ist eine häufige Reaktion zu Models auf ihrem Instagramkanal, verrät uns Gugu weiter. Laut dieser Kommentare würden die Models angeblich zu gut aussehen, um sich mit Body Positivity identifizieren zu dürfen.

Caro Gugu Portrait
Gugu startete als Model in das Fotoprojekt, heute ist sie Mitbetreiberin des Kanals.
Caro Gugu | Foto: Jennifer Siegel @jennifersiegelphoto

Das sagt Gugu über Kommentare wie „Das ist nicht Body Positivity“:

Genau darum geht es bei den Bildern, die die beiden auf ihrem Kanal posten. Sie sollen die Realität zeigen und die Geschichten hinter den vielfältigen Körpern und Gesichtern. Es geht um die „Sichtbarkeit der Verschiedenheit unserer Körper“, so Gugu.

Gugus wichtigster „Aha“-Moment war ein Foto-Shooting mit einem körperlich behinderten Menschen. Sie war beeindruckt, weil er viel zufriedener mit seinem Körper war als viele andere Menschen.

In diesem Beitrag auf Instagram könnt ihr das Fotoshooting sehen.

"Niemand läuft draußen mit einem Schild herum, auf dem steht: Ich praktiziere gerade Body Positivity." - Caroline Hopp

 

 

Caroline Hopp am Strand im Portraitbild
Bei der Idee für ihr Fotoprojekt wusste Caro noch nichts von der Body-Positivity-Bewegung.
Caroline Hopp | Foto: Jennifer Siegel @jennifersiegelphoto

Wieso diese Bewegung hauptsächlich online stattfindet, erklärt uns Caro so:

Der Einstieg hin zu Body Positivity findet vor allem wegen der Anonymität online statt, meint Caro. Dass die Bewegung offline allerdings kaum sichtbar ist, liege daran, dass niemand draußen herumläuft und sagt: „Ich praktiziere gerade Body Positivity.“ Nur auf Social Media wird es auf diese Art offen kommuniziert. Erreicht werden damit vor allem die 18- bis 34-Jährigen.

Auf Instagram finden sich vor allem Fotos mit dem Hashtag #bodypositivity. Auf TikTok hingegen, einer Plattform, auf der ausschließlich kurze Videos geteilt werden, findet man vor allem Challenges oder eigene Videos von Nutzer*innen, die meist auf humorvolle Weise ihre eigenen angeblichen Schönheitsmakel in den Vordergrund stellen oder die negativen Kommentare zu ihrem Aussehen thematisieren.
 
Hier seht ihr ein Video, in dem verschiedene Tik-Tok-Videos zum Thema Body Positivity und Self Love gesammelt wurden:

Da die jüngeren Altersgruppen eher in den sozialen Medien vertreten sind, würden diese vor allem den Hashtag #bodypositivity nutzen und wären leichter online zu erreichen, so die Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr. Außerdem sei das Thema bei ihnen noch relevanter als bei anderen Altersgruppen, für die vielleicht gerade Themen wie die Berufs- oder Familienplanung im Vordergrund stehen.

Paula Stehr ist Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Erfurt und forscht unter
anderem zu den Themen soziale Unterstützung und Online-Kommunikation. In einer qualitativen Befragung von Instagrammer*innen, die sich in ihren Beiträgen für Body Positivity einsetzen, hat sie die Bewegung untersucht.

Wir wollten von Paula Stehr wissen: Schafft es Body Positivity auch aus Social Media heraus? Ihrer Meinung nach sind Veränderungen über diese Blase hinaus – also außerhalb des Personenkreises und der Plattform – auf  zwei Ebenen denkbar: „Zum einen auf individueller Ebene, dass sich das Körperbild von einzelnen Menschen dadurch verändert und sie neues Selbstbewusstsein erlangen – auch dadurch, dass sie Teil einer Gemeinschaft sein können und sich gegenseitig unterstützen“, so Stehr. Zum anderen glaubt sie, dass auf gesellschaftlicher Ebene bereits erste Ansätze erkennbar sind, zum Beispiel in der Werbebranche. In Kampagnen werden immerhin mittlerweile mehr Körpertypen abgebildet. Auch diese Werbekampagnen können natürlich kritisch gesehen werden, merkt Paula Stehr an. Auch die befragten Instagrammer*innen selbst erkennen eine „Blase“, aus der die Body-Positivity-Bewegung ihrer Meinung nach aber nur sehr schwer nach außen findet.

„Die Instagrammer*innen, die wir befragt haben, sind teilweise ein bisschen frustriert, dass sie mit einer hohen Motivation an die Sache herangegangen sind, gerne Dinge anstoßen wollten und irgendwann gemerkt haben, dass ihnen das nicht in dem Maße gelingt, wie sie es sich vorgestellt haben. Sie haben gemerkt, dass es am Ende doch eine Blase ist und dass sich außerhalb dieses Kreises von Personen, die daran beteiligt sind – und außerhalb der Plattform –  nicht so viel verändert hat.“

Paula Stehr Portrait
Paula Stehr, Kommunikationswissenschaftlerin

Dass die erwünschten Veränderungen nicht eingetreten sind, sehen die befragten Instagrammer*innen beispielsweise in der Werbeindustrie. Es habe teilweise einen „Peak“ gegeben, in dem viele curvy- bzw. normal gewichtige Models für Kampagnen gebucht wurden. Dies habe schon kurz darauf wieder nachgelassen und leider zu keinen nachhaltigen Veränderungen geführt.
Allerdings ist nicht nur die Werbeindustrie ein Problem, das durch unrealistische Schönheitsideale das eigene Körperbild beeinflusst: Vor allem die sozialen Medien sieht Paula Stehr kritisch. Werbebilder und soziale Medien seien hierbei ein großer Unterschied. Die Werbung entspricht nicht der Realität, das lerne man aber meist schnell, so Stehr. Bei den sozialen Medien hingegen habe man im ersten Moment den Gedanken, „dass es authentischere Darstellungen sind, weil sich die Personen in ihrem eigenen Umfeld zeigen.“ Deshalb komme in den sozialen Medien meist noch später die Erkenntnis, dass auch an diesen Bildern viel geändert wird.

Hier sieht auch Caroline Hopp ein Problem: „Durch den ganzen Social-Media-Konsum ist der Körper für uns ein Objekt, das gar nicht zugehörig ist zu uns“.

Neutralität statt Liebe? Das hält Caro von Body Neutrality:

Seit 2015 werden Stimmen laut, dass es unrealistisch sei, seinem Körper immer positiv gegenüberzustehen. Stattdessen solle man seinen Körper neutral betrachten und ihn gar nicht bewerten. Der Begriff dazu lautete „Body Neutrality“. In Caros Kampf gegen Körperscham und Selbstzweifel hilft Neutralität ihr nicht. „Der Körper ist ein irres Geschenk“, sagt Caro, „deswegen ist es sehr wertvoll, dazu eine positive Beziehung zu haben“.

Eines wird besonders deutlich in unseren Gesprächen und Recherchen: Eine positive Beziehung zum eigenen Körper ist keine Entscheidung, sondern ein langer Prozess.

Wecker Selbstliebe
Den eigenen Körper zu lieben braucht Zeit.

Body Positivity hilft dabei. Aber wie fange ich diesen Prozess an? Wie werde ich Teil der Bewegung? Achtsamkeit, so Caro und Gugu. Wer sich mit dem Thema befasst, der fängt auch an, seine Mitmenschen mit anderen Augen zu sehen. Auf seine Gedanken achten und diese hinterfragen. Bin ich gerade neidisch oder empfinde ich sogar Missgunst für eine andere Person? Diese Gedanken zu hinterfragen und sich dessen bewusst zu werden, ist der erste Schritt zu mehr Achtsamkeit für sich und seinen Körper. Die Bewegung beginnt im Kopf.

Body Positivity – auch Männersache?

Mehr Frauen posten unter dem Hashtag #bodypositivity, doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich: auch Männer beschäftigen sich mit der Bewegung. Genauso wie Frauen empfinden auch sie Körperscham, Zweifel und den Druck, bestimmter Schönheitsideale zu entsprechen. Warum sind Männer in der Body-Positivity-Bewegung dann so viel weniger vertreten? Toxische Männlichkeit ist ein Problem, das auch hier eine wichtige Rolle spielt. Vielleicht ist es genau das – der Druck, keine Zweifel und Ängste offenzulegen – der Männer daran hindert, ein Teil der Bewegung zu werden. In diesem Abschnitt schauen wir uns genauer an, wieso Body Positivity auch Männersache ist.

 

Betrachtet man den Hashtag #bodypositivity,
dürfe man ihn nicht immer gleichermaßen bewerten, so Paula Stehr: „Von manchen wird er verwendet, um damit andere Körperformen zu normalisieren, andere wollen nur Bestätigung für Körper, die gar nicht von der Norm abweichen und nochmal andere wollen lediglich Reichweite generieren und verbinden den Hashtag gar nicht mit dem passenden Inhalt.“

Laut Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr wird der Hashtag #bodypositivity immer anders verwendet.

Hier seht ihr zwei Beispiele aus der Plattform Instagram: 

@theeverymanprojekt

@silvanadenker

"Männer sind genauso unzufrieden mit ihrem körperbild wie frauen." - Claus Fleissner

Claus Fleissner betreibt einen Plus Size Blog unter dem Titel „extra-inches“. Dort und auf dem dazugehörigen Instagram Kanal zeigt sich Claus vielfältig, bunt und genau so wie er ist. Dabei benutzt er auch den Hashtag #bodypositivity. Warum Body Positivity Männer genauso angeht wie Frauen und weshalb die Bewegung für ihn so wichtig ist, das hat er uns im Interview verraten.

 
Ein paar Beiträge von Claus Fleissner seht ihr unter: @extra_inches_plussizeblog

Schaut euch hier an, was Claus zum Thema Männer und Body Positivity erzählt:

„Versteck dich nicht!“ – Für Claus gehen Mode und Körpergefühl miteinander einher. Body Positivity bedeutet für ihn auch, sich zu trauen, immer genau das zu tragen, was man will. Als Beispiel nennt er uns die Badehose am Strand: „Dicke gehören nicht an den Strand – Blödsinn.“ Für ihn ist Kleidung auch ein gutes Körpergefühl.

Zu seinem Blog kam er über das Modeln. Damals half er bei einer Modenschau hinter den Kulissen mit. Eigentlich sollte die Modenschau ausschließlich Frauenmode zeigen, aus einem Gag heraus lief er zum Schluss selbst über den Laufsteg und wurde als Model entdeckt. Mode hat ihn schon immer begeistert. Seinen Plus Size Blog hat er, damit Männer ein Vorbild haben und auch, um zu zeigen, wo sie coole Klamotten in ihrer Größe bekommen, die es eben nicht so in den Läden oder auf der Straße gibt, verrät er uns. „Man braucht kein Sixpack um schön zu sein“, sagt Claus. Wenn man etwas ändern möchte, sollte man sich erst einmal so akzeptieren, wie man gerade ist. Dabei gilt es zu hinterfragen, ob man sich ändern möchte, weil die Gesellschaft es so vorgibt oder weil man selbst unzufrieden ist: „Wenn es wegen der Gesellschaft ist, dann muss man nichts ändern“, so Claus.

Für ihn ist wichtig, dass Body Positivity nicht bedeutet, einen ungesunden Lebensstil zu proklamieren. Natürlich gehe es auch nicht darum, jemanden schlecht zu machen, der nicht dick ist.

„Instagrammer*innen, die zu Body Positivity posten, wird häufig vorgeworfen, sie würden gesundheitsschädliches Verhalten fördern. Ich glaube, das ist ein Trugschluss, schon dahingehend, worum es in der Bewegung eigentlich geht. Außerdem darf man die psychischen Auswirkungen nicht vergessen! Nur weil jemand ein Normalgewicht hat, ist er nicht psychisch gesund.“

Laut Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr fördert die Body-Positivity-Bewegung kein ungesundes Verhalten.

Männer haben auch viel Druck von außen, reden aber eher weniger darüber, verrät uns Claus weiter. Als Mann über seine Gefühle zu sprechen, würde für viele leider immer noch bedeuten, Schwäche zu zeigen. Dieses Muster gilt es aufzubrechen und genauso darüber zu reden. Ein gutes und positives Gefühl zum eigenen Körper und alte Denkmuster zu durchbrechen, das ist, was Claus mit seinen Fotos zeigen und erreichen möchte, auch durch die Mode:

„Ich trage Sachen, die ich cool finde, nicht um aufzufallen, sondern obwohl ich auffalle.“

Claus Fleissner schwarz-weiß
Claus zeigt vor allem durch Mode, dass man sich trauen kann, sich so zu zeigen wie man ist.
Claus Fleissner | Foto: Susanne Erler

Claus spricht offen über die Body-Positivity-Bewegung und erwähnt dabei im Interview auch das Stichwort der toxischen Männlichkeit, die noch immer ein großes Problem darstellt. „Es braucht mehr Vorbilder, die offen darüber sprechen und einem zeigen, dass man damit nicht alleine ist“, so Claus. Jeder kann etwas dazu beitragen, dass sich etwas verändert, beginnend mit dem eigenen Denken und Handeln.

Body Positivity – für dich

Die Body-Positivity-Bewegung wurde durch Influencer*innen und Stars auf Social Media groß – Posts von Menschen, die wir gar nicht kennen und denen wir uns doch oftmals sehr verbunden fühlen. Es tut gut, wenn Stars uns zeigen, dass auch sie ihre Makel und Problemzonen haben, die wir nur meistens nicht zu sehen bekommen. Die Erkenntnis, dass viel auf Social Media „Fake“ ist, beruhigt und nimmt uns den Druck. So die Theorie! Doch was bewirkt die Body-Positivity-Bewegung tatsächlich außerhalb unserer Bildschirme? Um das herauszufinden, haben wir ein paar Leute gefragt, was Body Positivity für sie ganz persönlich bedeutet.

...Und was meinst du?

Was ist Body Positivity für dich?

Body Positivity ist ein sehr persönliches, individuelles Thema. Jede*r kann es für sich selbst neu definieren. Am häufigsten wurde hervorgehoben, dass Body Positivity für Körperakzeptanz und gegen Schönheitsideale steht. Sowohl den eigenen Körper zu akzeptieren als auch die Körper von anderen und diese nicht zu verurteilen, ist für viele der wichtigste Punkt. Alle waren sich einig, dass Body Positivity etwas ist, das im Kopf beginnt, bei der Art, wie wir Leute sehen und was wir dabei empfinden. Auch einige Aspekte von Body Neutrality kamen auf, zum Beispiel, dass es egal sei, wie der Körper aussieht.

Unser Fazit

Wir wollten herausfinden, ob Body Positivity auch außerhalb der sozialen Medien eine wichtige Rolle spielt. Wir finden: Ja! Online fängt die Bewegung an, wie auch Caro vom Kanal „Dein Körper ist genug“ bestätigt. Auf Instagram, Facebook und Co. erreicht die Bewegung Menschen und beginnt in ihren Köpfen zu wachsen. Genauso findet Body Positivity den Weg nach „draußen“. Schon eine einzige Person, die sich mit dem Thema auseinandersetzt, die ihre Geschichte mit anderen teilt und andere Menschen nicht verurteilt, hilft der Body-Positivity-Bewegung auch außerhalb von Social Media, das Denken und Handeln positiv zu beeinflussen.

Natürlich ist diese Veränderung gesamtgesellschaftlich nur schwer erkennbar, was in unserem Gespräch mit Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr deutlich wurde. In ihren Befragungen kam heraus, dass viele Instagrammer*innen darüber frustriert sind, dass ihre Bemühungen, die Body-Positivity-Bewegung nach außen zu tragen, nur wenig Erfolg haben. Doch auch wenn sich gesellschaftlich noch sehr viel ändern muss, sind individuelle Erfolge schon sichtbar.

Das zeigt auch unsere Umfrage: Die Body-Positivity-Bewegung ist für viele junge Menschen – darunter immer mehr Männer – ein wichtiges Thema, das aus Social Media seinen Weg in das alltägliche Leben gefunden hat. Wie Body Positivity gelebt wird, entscheidet dabei jeder für sich selbst.

Über das Projekt

Bewegungen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben eins gemeinsam: Sie verbinden Menschen mit gemeinsamen Interessen, greifen Probleme auf und agieren öffentlichkeitswirksam gegen Missstände. Von Black Lives Matter über Klimaschutz bis hin zu den verschiedenen Strömungen der Frauenbewegung: Jede*r kommt in seinem oder ihrem Alltag mit Formen von Bewegungen in Berührung. Die Studierenden im Webprojekt 2020/21 haben deswegen die unterschiedlichsten Arten von gesellschaftlichen Bewegungen genauer unter die Lupe genommen und ihre Ergebnisse in einem eigenen Webmagazin umgesetzt. Du hast gerade einen Auszug daraus gelesen.
Juliane Aldag Portrait

Juliane Aldag

Juliane ist gerne (und manchmal zu viel) auf Social Media unterwegs. Dort ist ihr auch zum ersten Mal der Hashtag #bodypositivity aufgefallen. Schon damals war sie von der Offenheit und dem Mut der Aktivist*innen begeistert. Für Juliane persönlich ist Body Positivity: „nicht an irgendwelchen Einzelheiten zu verzweifeln, sondern sich und seinen Körper als Ganzes zu sehen und zu lieben.“

Mascha Hansemann

Mascha Hasselmann

Mascha ist viel bei Instagram und Youtube unterwegs, der Hashtag #bodypositivity war ihr daher nicht unbekannt. Was es mit der Bewegung auf sich hat und wie präsent das Thema heute ist, hat sie sehr bewegt. Body Positivity bedeutet für Mascha persönlich: „einen Blick auf die eigenen Gedanken zu werfen und sich im eigenen Körper wohl zu fühlen.“

Quellen und Bildrechte

Textquellen

Alle Quellen zuletzt abgerufen am 19.01.2021.

„Body Positivity – früher und heute“
Zeitstrahl „Die Entwicklung von Body Positivity – eine Zeitreise“:

„Body Positivity – den Körper akzeptieren“

„Body Positivity – auch Männersache?“

Bildrechte

Titelbild

„Body Positivity – früher und heute“

„Body Positivity – den Körper akzeptieren“

„Body Positivity – auch Männersache?“
 

In unserem Magazin geben wir Studierende regelmäßig Einblicke in unser Studium und die Arbeitswelt von Alumnis. In der Kategorie

wollen wir euch zeigen, was wir im Laufe des Studiums alles erarbeiten. Darunter fallen beispielsweise (Web-)Projekte, journalistische Texte, Multimedia-Produktionen und noch vieles mehr.

Folgende Schlagwörter finden wir aus dem Redaktionsteam für diesen Beitrag relevant: 

Body Positivity

Body Positivity: „Alle Körper sind schön!“

In dieser Kategorie wollen wir euch jeweils einzelne Auszüge zeigen, die in einem unserer Projekte entstanden sind – zum Beispiel einen einzelnen Text oder ein Video. Ursprünglich sind diese Stücke also in den Projekt-Websites entstanden, aber wir möchten sie hier zusätzlich featuren. 

Was schafft der Hashtag #bodypositivity außerhalb unserer Smartphones?

Aktivist*innen auf der ganzen Welt setzten sich für mehr Körperakzeptanz ein und kämpfen – vor allem in den sozialen Medien – gegen traditionelle Schönheitsideale. Die Bewegung hat eine lange Geschichte hinter sich. Wie sich Body Positivity entwickelt hat, ob die Bewegung auch außerhalb der sozialen Medien eine Rolle spielt und wieso jede*r betroffen ist, das erfahrt ihr von Mascha und Juliane.

Das erwartet euch:

Body Positivity – früher und heute

Body Positivity bedeutet übersetzt „Körperpositivität“. Unter Body Positivity versteht man eine Bewegung, die vor allem in den sozialen Medien aktiv ist. Sie steht für Körperakzeptanz und das Einsetzen gegen unrealistische und diskriminierende Schönheitsideale. Unter dem Hashtag #bodypositivity zeigen die Aktivist*innen – das sind Influencer*innen, Stars und private Nutzer*innen – oftmals ihre eigenen Körpermakel und dass vieles in den sozialen Medien nicht der Realität entspricht.

Lust auf eine Zeitreise? Die Geschichte zu Body Positivity könnt ihr euch hier ansehen:

Was als Proteste gegen Korsetts und gegen die Diskriminierung von Übergewichtigen anfing, ist heute viel mehr als das. Neben dem Körpergewicht stehen auch alle weiteren angeblichen Makel auf der Liste, die es laut der Body-Positivity-Bewegung zu akzeptieren und zu normalisieren gilt. Mittlerweile gewinnt auch die Neutralität mehr Bedeutung innerhalb der Bewegung. Demnach sollen Körper neutral, statt positiv betrachtet werden.

Body Positivity Gewicht
Während der Anfänge von Body Positivity ging es allein um das Körpergewicht.



Body Positivity – den Körper akzeptieren

„Dein Körper ist genug“ ist ein Instagram Kanal für mehr Realität in den Sozialen Netzwerken und behandelt Themen, in denen sich jeder wiederfinden kann. Wir wollten es genau wissen und haben die beiden Gründerinnen gefragt: Wie lernen wir eigentlich unseren Körper zu lieben und zu akzeptieren?

Auf Caro Gugus Wunsch und um es für euch zu vereinfachen, werden wir sie in unserem Beitrag „Gugu“ nennen.

Dass es sich bei dem Hashtag #bodypositivity um eine Bewegung handelt, war Caroline Hopp anfangs gar nicht wirklich bewusst. Sie selbst litt an einer Essstörung und kam im Frühjahr 2019 auf die Idee, ein Fotoprojekt mit 20 Frauen ins Leben zu rufen, die sich und ihren Körper so zeigen, wie sie sind. Gugu stieg nach Carolines Aufruf als Fotomodel mit in das Projekt ein. Auf ihrer Vernissage mit rund 300 Leuten bekamen sie so viel Zustimmung und positives Feedback, dass ihnen bewusst wurde, wie präsent dieses Thema ist und dass sich etwas verändern muss. Dieses emotionale Erlebnis war der Startschuss für ihren Kanal. 

Auf Caros und Gugus Kanal deinkoerperistgenug könnt ihr euch Beiträge zu diesem Thema ansehen.

"Es hilft einfach, die Geschichten zu teilen." - Caro Gugu

Eine vergangene Beziehung brachte Gugu dazu, über ihr Selbstbild nachzudenken und Teil des Projekts zu werden:

Gugu erzählt uns, dass sie lange unzufrieden mit sich und ihrem Körper war: „Wie bescheuert ist es, dass du dich anderen anpasst oder einer vermeintlichen Schönheitsnorm entsprechen möchtest. Vielleicht gibt es ja auch Menschen, die dich schön finden, wie du bist“, so Gugu zu sich selbst. Das Projekt hat ihr gezeigt, dass es hilft, die Geschichten zu teilen und dass jeder irgendein Thema mit seinem Körper hat.

Nur um Körpergewicht geht es bei der Body-Positivity-Bewegung schon lange nicht mehr. Von Hautunreinheiten, Cellulite, bis hin zu Behinderungen werden unter dem Hashtag alle angeblichen Schönheitsmakel abgedeckt. Vor allem geht es dabei um die Vielfalt der Körper und darum, zu verstehen, dass jeder Zweifel oder Scham empfinden kann. „Was hat denn die Person?“ – Das ist eine häufige Reaktion zu Models auf ihrem Instagramkanal, verrät uns Gugu weiter. Laut dieser Kommentare würden die Models angeblich zu gut aussehen, um sich mit Body Positivity identifizieren zu dürfen.

Caro Gugu Portrait
Gugu startete als Model in das Fotoprojekt, heute ist sie Mitbetreiberin des Kanals.
Caro Gugu | Foto: Jennifer Siegel @jennifersiegelphoto

Das sagt Gugu über Kommentare wie „Das ist nicht Body Positivity“:

Genau darum geht es bei den Bildern, die die beiden auf ihrem Kanal posten. Sie sollen die Realität zeigen und die Geschichten hinter den vielfältigen Körpern und Gesichtern. Es geht um die „Sichtbarkeit der Verschiedenheit unserer Körper“, so Gugu.

Gugus wichtigster „Aha“-Moment war ein Foto-Shooting mit einem körperlich behinderten Menschen. Sie war beeindruckt, weil er viel zufriedener mit seinem Körper war als viele andere Menschen.

In diesem Beitrag auf Instagram könnt ihr das Fotoshooting sehen.

"Niemand läuft draußen mit einem Schild herum, auf dem steht: Ich praktiziere gerade Body Positivity." - Caroline Hopp

 

 

Caroline Hopp am Strand im Portraitbild
Bei der Idee für ihr Fotoprojekt wusste Caro noch nichts von der Body-Positivity-Bewegung.
Caroline Hopp | Foto: Jennifer Siegel @jennifersiegelphoto

Wieso diese Bewegung hauptsächlich online stattfindet, erklärt uns Caro so:

Der Einstieg hin zu Body Positivity findet vor allem wegen der Anonymität online statt, meint Caro. Dass die Bewegung offline allerdings kaum sichtbar ist, liege daran, dass niemand draußen herumläuft und sagt: „Ich praktiziere gerade Body Positivity.“ Nur auf Social Media wird es auf diese Art offen kommuniziert. Erreicht werden damit vor allem die 18- bis 34-Jährigen.

Auf Instagram finden sich vor allem Fotos mit dem Hashtag #bodypositivity. Auf TikTok hingegen, einer Plattform, auf der ausschließlich kurze Videos geteilt werden, findet man vor allem Challenges oder eigene Videos von Nutzer*innen, die meist auf humorvolle Weise ihre eigenen angeblichen Schönheitsmakel in den Vordergrund stellen oder die negativen Kommentare zu ihrem Aussehen thematisieren.
 
Hier seht ihr ein Video, in dem verschiedene Tik-Tok-Videos zum Thema Body Positivity und Self Love gesammelt wurden:

Da die jüngeren Altersgruppen eher in den sozialen Medien vertreten sind, würden diese vor allem den Hashtag #bodypositivity nutzen und wären leichter online zu erreichen, so die Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr. Außerdem sei das Thema bei ihnen noch relevanter als bei anderen Altersgruppen, für die vielleicht gerade Themen wie die Berufs- oder Familienplanung im Vordergrund stehen.

Paula Stehr ist Kommunikationswissenschaftlerin an der Universität Erfurt und forscht unter
anderem zu den Themen soziale Unterstützung und Online-Kommunikation. In einer qualitativen Befragung von Instagrammer*innen, die sich in ihren Beiträgen für Body Positivity einsetzen, hat sie die Bewegung untersucht.

Wir wollten von Paula Stehr wissen: Schafft es Body Positivity auch aus Social Media heraus? Ihrer Meinung nach sind Veränderungen über diese Blase hinaus – also außerhalb des Personenkreises und der Plattform – auf  zwei Ebenen denkbar: „Zum einen auf individueller Ebene, dass sich das Körperbild von einzelnen Menschen dadurch verändert und sie neues Selbstbewusstsein erlangen – auch dadurch, dass sie Teil einer Gemeinschaft sein können und sich gegenseitig unterstützen“, so Stehr. Zum anderen glaubt sie, dass auf gesellschaftlicher Ebene bereits erste Ansätze erkennbar sind, zum Beispiel in der Werbebranche. In Kampagnen werden immerhin mittlerweile mehr Körpertypen abgebildet. Auch diese Werbekampagnen können natürlich kritisch gesehen werden, merkt Paula Stehr an. Auch die befragten Instagrammer*innen selbst erkennen eine „Blase“, aus der die Body-Positivity-Bewegung ihrer Meinung nach aber nur sehr schwer nach außen findet.

„Die Instagrammer*innen, die wir befragt haben, sind teilweise ein bisschen frustriert, dass sie mit einer hohen Motivation an die Sache herangegangen sind, gerne Dinge anstoßen wollten und irgendwann gemerkt haben, dass ihnen das nicht in dem Maße gelingt, wie sie es sich vorgestellt haben. Sie haben gemerkt, dass es am Ende doch eine Blase ist und dass sich außerhalb dieses Kreises von Personen, die daran beteiligt sind – und außerhalb der Plattform –  nicht so viel verändert hat.“

Paula Stehr Portrait
Paula Stehr, Kommunikationswissenschaftlerin

Dass die erwünschten Veränderungen nicht eingetreten sind, sehen die befragten Instagrammer*innen beispielsweise in der Werbeindustrie. Es habe teilweise einen „Peak“ gegeben, in dem viele curvy- bzw. normal gewichtige Models für Kampagnen gebucht wurden. Dies habe schon kurz darauf wieder nachgelassen und leider zu keinen nachhaltigen Veränderungen geführt.
Allerdings ist nicht nur die Werbeindustrie ein Problem, das durch unrealistische Schönheitsideale das eigene Körperbild beeinflusst: Vor allem die sozialen Medien sieht Paula Stehr kritisch. Werbebilder und soziale Medien seien hierbei ein großer Unterschied. Die Werbung entspricht nicht der Realität, das lerne man aber meist schnell, so Stehr. Bei den sozialen Medien hingegen habe man im ersten Moment den Gedanken, „dass es authentischere Darstellungen sind, weil sich die Personen in ihrem eigenen Umfeld zeigen.“ Deshalb komme in den sozialen Medien meist noch später die Erkenntnis, dass auch an diesen Bildern viel geändert wird.

Hier sieht auch Caroline Hopp ein Problem: „Durch den ganzen Social-Media-Konsum ist der Körper für uns ein Objekt, das gar nicht zugehörig ist zu uns“.

Neutralität statt Liebe? Das hält Caro von Body Neutrality:

Seit 2015 werden Stimmen laut, dass es unrealistisch sei, seinem Körper immer positiv gegenüberzustehen. Stattdessen solle man seinen Körper neutral betrachten und ihn gar nicht bewerten. Der Begriff dazu lautete „Body Neutrality“. In Caros Kampf gegen Körperscham und Selbstzweifel hilft Neutralität ihr nicht. „Der Körper ist ein irres Geschenk“, sagt Caro, „deswegen ist es sehr wertvoll, dazu eine positive Beziehung zu haben“.

Eines wird besonders deutlich in unseren Gesprächen und Recherchen: Eine positive Beziehung zum eigenen Körper ist keine Entscheidung, sondern ein langer Prozess.

Wecker Selbstliebe
Den eigenen Körper zu lieben braucht Zeit.

Body Positivity hilft dabei. Aber wie fange ich diesen Prozess an? Wie werde ich Teil der Bewegung? Achtsamkeit, so Caro und Gugu. Wer sich mit dem Thema befasst, der fängt auch an, seine Mitmenschen mit anderen Augen zu sehen. Auf seine Gedanken achten und diese hinterfragen. Bin ich gerade neidisch oder empfinde ich sogar Missgunst für eine andere Person? Diese Gedanken zu hinterfragen und sich dessen bewusst zu werden, ist der erste Schritt zu mehr Achtsamkeit für sich und seinen Körper. Die Bewegung beginnt im Kopf.

Body Positivity – auch Männersache?

Mehr Frauen posten unter dem Hashtag #bodypositivity, doch bei genauerer Betrachtung wird deutlich: auch Männer beschäftigen sich mit der Bewegung. Genauso wie Frauen empfinden auch sie Körperscham, Zweifel und den Druck, bestimmter Schönheitsideale zu entsprechen. Warum sind Männer in der Body-Positivity-Bewegung dann so viel weniger vertreten? Toxische Männlichkeit ist ein Problem, das auch hier eine wichtige Rolle spielt. Vielleicht ist es genau das – der Druck, keine Zweifel und Ängste offenzulegen – der Männer daran hindert, ein Teil der Bewegung zu werden. In diesem Abschnitt schauen wir uns genauer an, wieso Body Positivity auch Männersache ist.

 

Betrachtet man den Hashtag #bodypositivity,
dürfe man ihn nicht immer gleichermaßen bewerten, so Paula Stehr: „Von manchen wird er verwendet, um damit andere Körperformen zu normalisieren, andere wollen nur Bestätigung für Körper, die gar nicht von der Norm abweichen und nochmal andere wollen lediglich Reichweite generieren und verbinden den Hashtag gar nicht mit dem passenden Inhalt.“

Laut Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr wird der Hashtag #bodypositivity immer anders verwendet.

Hier seht ihr zwei Beispiele aus der Plattform Instagram: 

@theeverymanprojekt

@silvanadenker

"Männer sind genauso unzufrieden mit ihrem körperbild wie frauen." - Claus Fleissner

Claus Fleissner betreibt einen Plus Size Blog unter dem Titel „extra-inches“. Dort und auf dem dazugehörigen Instagram Kanal zeigt sich Claus vielfältig, bunt und genau so wie er ist. Dabei benutzt er auch den Hashtag #bodypositivity. Warum Body Positivity Männer genauso angeht wie Frauen und weshalb die Bewegung für ihn so wichtig ist, das hat er uns im Interview verraten.

 
Ein paar Beiträge von Claus Fleissner seht ihr unter: @extra_inches_plussizeblog

Schaut euch hier an, was Claus zum Thema Männer und Body Positivity erzählt:

„Versteck dich nicht!“ – Für Claus gehen Mode und Körpergefühl miteinander einher. Body Positivity bedeutet für ihn auch, sich zu trauen, immer genau das zu tragen, was man will. Als Beispiel nennt er uns die Badehose am Strand: „Dicke gehören nicht an den Strand – Blödsinn.“ Für ihn ist Kleidung auch ein gutes Körpergefühl.

Zu seinem Blog kam er über das Modeln. Damals half er bei einer Modenschau hinter den Kulissen mit. Eigentlich sollte die Modenschau ausschließlich Frauenmode zeigen, aus einem Gag heraus lief er zum Schluss selbst über den Laufsteg und wurde als Model entdeckt. Mode hat ihn schon immer begeistert. Seinen Plus Size Blog hat er, damit Männer ein Vorbild haben und auch, um zu zeigen, wo sie coole Klamotten in ihrer Größe bekommen, die es eben nicht so in den Läden oder auf der Straße gibt, verrät er uns. „Man braucht kein Sixpack um schön zu sein“, sagt Claus. Wenn man etwas ändern möchte, sollte man sich erst einmal so akzeptieren, wie man gerade ist. Dabei gilt es zu hinterfragen, ob man sich ändern möchte, weil die Gesellschaft es so vorgibt oder weil man selbst unzufrieden ist: „Wenn es wegen der Gesellschaft ist, dann muss man nichts ändern“, so Claus.

Für ihn ist wichtig, dass Body Positivity nicht bedeutet, einen ungesunden Lebensstil zu proklamieren. Natürlich gehe es auch nicht darum, jemanden schlecht zu machen, der nicht dick ist.

„Instagrammer*innen, die zu Body Positivity posten, wird häufig vorgeworfen, sie würden gesundheitsschädliches Verhalten fördern. Ich glaube, das ist ein Trugschluss, schon dahingehend, worum es in der Bewegung eigentlich geht. Außerdem darf man die psychischen Auswirkungen nicht vergessen! Nur weil jemand ein Normalgewicht hat, ist er nicht psychisch gesund.“

Laut Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr fördert die Body-Positivity-Bewegung kein ungesundes Verhalten.

Männer haben auch viel Druck von außen, reden aber eher weniger darüber, verrät uns Claus weiter. Als Mann über seine Gefühle zu sprechen, würde für viele leider immer noch bedeuten, Schwäche zu zeigen. Dieses Muster gilt es aufzubrechen und genauso darüber zu reden. Ein gutes und positives Gefühl zum eigenen Körper und alte Denkmuster zu durchbrechen, das ist, was Claus mit seinen Fotos zeigen und erreichen möchte, auch durch die Mode:

„Ich trage Sachen, die ich cool finde, nicht um aufzufallen, sondern obwohl ich auffalle.“

Claus Fleissner schwarz-weiß
Claus zeigt vor allem durch Mode, dass man sich trauen kann, sich so zu zeigen wie man ist.
Claus Fleissner | Foto: Susanne Erler

Claus spricht offen über die Body-Positivity-Bewegung und erwähnt dabei im Interview auch das Stichwort der toxischen Männlichkeit, die noch immer ein großes Problem darstellt. „Es braucht mehr Vorbilder, die offen darüber sprechen und einem zeigen, dass man damit nicht alleine ist“, so Claus. Jeder kann etwas dazu beitragen, dass sich etwas verändert, beginnend mit dem eigenen Denken und Handeln.

Body Positivity – für dich

Die Body-Positivity-Bewegung wurde durch Influencer*innen und Stars auf Social Media groß – Posts von Menschen, die wir gar nicht kennen und denen wir uns doch oftmals sehr verbunden fühlen. Es tut gut, wenn Stars uns zeigen, dass auch sie ihre Makel und Problemzonen haben, die wir nur meistens nicht zu sehen bekommen. Die Erkenntnis, dass viel auf Social Media „Fake“ ist, beruhigt und nimmt uns den Druck. So die Theorie! Doch was bewirkt die Body-Positivity-Bewegung tatsächlich außerhalb unserer Bildschirme? Um das herauszufinden, haben wir ein paar Leute gefragt, was Body Positivity für sie ganz persönlich bedeutet.

...Und was meinst du?

Was ist Body Positivity für dich?

Body Positivity ist ein sehr persönliches, individuelles Thema. Jede*r kann es für sich selbst neu definieren. Am häufigsten wurde hervorgehoben, dass Body Positivity für Körperakzeptanz und gegen Schönheitsideale steht. Sowohl den eigenen Körper zu akzeptieren als auch die Körper von anderen und diese nicht zu verurteilen, ist für viele der wichtigste Punkt. Alle waren sich einig, dass Body Positivity etwas ist, das im Kopf beginnt, bei der Art, wie wir Leute sehen und was wir dabei empfinden. Auch einige Aspekte von Body Neutrality kamen auf, zum Beispiel, dass es egal sei, wie der Körper aussieht.

Unser Fazit

Wir wollten herausfinden, ob Body Positivity auch außerhalb der sozialen Medien eine wichtige Rolle spielt. Wir finden: Ja! Online fängt die Bewegung an, wie auch Caro vom Kanal „Dein Körper ist genug“ bestätigt. Auf Instagram, Facebook und Co. erreicht die Bewegung Menschen und beginnt in ihren Köpfen zu wachsen. Genauso findet Body Positivity den Weg nach „draußen“. Schon eine einzige Person, die sich mit dem Thema auseinandersetzt, die ihre Geschichte mit anderen teilt und andere Menschen nicht verurteilt, hilft der Body-Positivity-Bewegung auch außerhalb von Social Media, das Denken und Handeln positiv zu beeinflussen.

Natürlich ist diese Veränderung gesamtgesellschaftlich nur schwer erkennbar, was in unserem Gespräch mit Kommunikationswissenschaftlerin Paula Stehr deutlich wurde. In ihren Befragungen kam heraus, dass viele Instagrammer*innen darüber frustriert sind, dass ihre Bemühungen, die Body-Positivity-Bewegung nach außen zu tragen, nur wenig Erfolg haben. Doch auch wenn sich gesellschaftlich noch sehr viel ändern muss, sind individuelle Erfolge schon sichtbar.

Das zeigt auch unsere Umfrage: Die Body-Positivity-Bewegung ist für viele junge Menschen – darunter immer mehr Männer – ein wichtiges Thema, das aus Social Media seinen Weg in das alltägliche Leben gefunden hat. Wie Body Positivity gelebt wird, entscheidet dabei jeder für sich selbst.

Über das Projekt

Bewegungen, so unterschiedlich sie auch sein mögen, haben eins gemeinsam: Sie verbinden Menschen mit gemeinsamen Interessen, greifen Probleme auf und agieren öffentlichkeitswirksam gegen Missstände. Von Black Lives Matter über Klimaschutz bis hin zu den verschiedenen Strömungen der Frauenbewegung: Jede*r kommt in seinem oder ihrem Alltag mit Formen von Bewegungen in Berührung. Die Studierenden im Webprojekt 2020/21 haben deswegen die unterschiedlichsten Arten von gesellschaftlichen Bewegungen genauer unter die Lupe genommen und ihre Ergebnisse in einem eigenen Webmagazin umgesetzt. Du hast gerade einen Auszug daraus gelesen.
Juliane Aldag Portrait

Juliane Aldag

Juliane ist gerne (und manchmal zu viel) auf Social Media unterwegs. Dort ist ihr auch zum ersten Mal der Hashtag #bodypositivity aufgefallen. Schon damals war sie von der Offenheit und dem Mut der Aktivist*innen begeistert. Für Juliane persönlich ist Body Positivity: „nicht an irgendwelchen Einzelheiten zu verzweifeln, sondern sich und seinen Körper als Ganzes zu sehen und zu lieben.“

Mascha Hansemann

Mascha Hasselmann

Mascha ist viel bei Instagram und Youtube unterwegs, der Hashtag #bodypositivity war ihr daher nicht unbekannt. Was es mit der Bewegung auf sich hat und wie präsent das Thema heute ist, hat sie sehr bewegt. Body Positivity bedeutet für Mascha persönlich: „einen Blick auf die eigenen Gedanken zu werfen und sich im eigenen Körper wohl zu fühlen.“

Quellen und Bildrechte

Textquellen

Alle Quellen zuletzt abgerufen am 19.01.2021.

„Body Positivity – früher und heute“
Zeitstrahl „Die Entwicklung von Body Positivity – eine Zeitreise“:

„Body Positivity – den Körper akzeptieren“

„Body Positivity – auch Männersache?“

Bildrechte

Titelbild

„Body Positivity – früher und heute“

„Body Positivity – den Körper akzeptieren“

„Body Positivity – auch Männersache?“
 

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